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Predigt am Visitationsabschluss-Gottesdienst, 21.10.18

Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen. Lasst uns in der Stille beten. - - -

Der Predigttext für diesen Gottesdienst steht im Buch Jeremia, Kapitel 29:

Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides. Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten und ich will euch erhören. Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen. - Der Herr segne an uns dieses Wort.

 

Gott-suchen und Gott-finden. Liebe Gemeinde, wer sucht und findet Gott? Wie suche ich jemanden, der unsichtbar ist? Woran merke ich, dass ich ihn gefunden habe? Und was mache ich mit ihm, wenn ich ihn gefunden habe? Wie geht's dann weiter? - - - Finde ich ihn in der Bibel? Oder in der Kirche? Oder in der Natur? Und wenn ich da etwas finde - woher weiß ich, dass es Gott ist? - - -

Wir haben gelernt: Gott hat Himmel und Erde gemacht, Sonne Mond und Sterne, die Menschen und alle Lebewesen. Er hält all das am Laufen und am Leben, und er ist immer und überall da, allgegenwärtig zu jeder Zeit. Trotzdem: Wo ist er für mich zu finden? - In unserem Predigttext ein nun eine Spur gelegt: Hören Sie noch mal den 1. Vers: Gott sagt zu seinem Volk: "Wenn ich an euch denke, euch sehe, dann habe ich Gedanken des Friedens und nicht des Leids." In der Guten Nachricht-Bibel ist das so übersetzt: "Mein Plan mit euch steht fest: Ich will euer Glück, nicht euer Unglück." - - Da wird etwas vom Charakter Gottes gesagt!

Da wird gesagt: Gott selber legt sich ganz einseitig und ausnahmslos auf gute Absichten mit seinen Leuten fest, auf deren Schalom - also Frieden, Wohlergehen, Ganzheit, gelingendes Leben. Da steht kein Wort von Zorn, von Rache oder Strafe. Dieses ganz einseitig positive Gottesbild begegnet uns wieder in der Verkündigung von Jesus. Seine gute Nachricht war: Ihr braucht Gott nicht fürchten wie Sklaven ihren Sklavenbesitzer. Er hat ausnahmslos gute Absichten mit euch und sieht euch an wie ein liebevoller Vater seine Kinder. - Siehe Gleichnis vom verlorenen Sohn. - -

Ich behaupte: diese Charakterisierung Gottes ist eine Spur, die uns helfen kann Gott zu finden. - Und ich will ihnen sagen, wie ich | auf dieser Spur | etwas von Gott gefunden habe. Und ich denke: Das funktioniert auch bei anderen Leute so. - - Also ich habe etwas von Gott und seinen guten Absichten entdeckt, als ich anfing etwas genauer auf meinen Lebenslauf zu schauen. In der Zeit meiner Aus- und Weiterbildung musste ich mehrfach von mir erzählen, möglichst ausführlich, von Höhe- und Tiefpunkten. Biographisches Erzählen nannte sich das. Ich habe da zu Zuhörern gesprochen, die auch mal nachgefragt oder ein Feed-back gegeben haben. Dabei bin ich auf Gottes Gegenwart und Wirkung in meinem Leben aufmerksam geworden und aufmerksam gemacht worden.

Ich habe da erzählt von schwierigen Eltern, von einer öden Kindheit in einem Dörfchen am Ende der Welt, von Problemen in der Schule, Problemen mit allen möglichen Leuten, die mir nahe standen, von allen möglichen Verletzungen, die mir widerfahren sind. Es war die Geschichte von einem Pechvogel, der völlig daneben ist. Obwohl ich in einem Pfarrhaus aufgewachsen bin, konnte ich kaum was persönliches positives über Gott sagen. Durch mein Erzählen über mich ist mir klar geworden, dass ich fast nur negative und problematische Dinge erinnert und alles Positive und Starke vergessen oder klein geredet habe. Aus dieser Perspektive heraus konnte ich nicht merken, wie Gott hinter mir gestanden hat, wie oft er da still und unerkannt für mich umsichtig gesorgt und mir Gutes getan hat.

Was ich sagen will: Solange wir auf unsere Misserfolge und unser Unglück schaue, solange sehen und merken wir nichts von Gott - weil das eben nicht seine Art der Zuwendung ist. So lange wir denken, dass unser Unglücke die Strafe eines strengen Gottes für unsere Eigenwilligkeiten und Unfähigkeiten sind, so lange haben wir Gott nicht gefunden und nicht verstanden. Wir hadern dann vielleicht mit ihm weil er so streng ist, und mit uns selbst, weil wir so gefangen sind in unseren Gewohnheiten und Erfahrungen. Aber in Wirklichkeit hat das nichts mit Gott zu tun. - Wenn wir dagegen die gute Nachricht über Gott ernst nehmen, so wie Jesus, und vor ihm der Schreiber dieser Predigttextverse, sie verkündet haben, dann nehmen wir eine andere Perspektive ein und schauen, was wir in unserem Leben von Gottes guten Absichten mit uns entdecken. - Ich suche dann zielgerichtet zwischen meinen Schrott-Erlebnissen nach guten Momenten und Entwicklungen und stelle überrascht - um nicht zu sagen: überwältigt - fest, wie viel es da zu entdecken, zu erinnern gibt. Ich bemerke: Gottes positive Zuwendung erreicht mich immer wieder. Gerade nach Katastrophen. Nicht jedes Mal sofort wenn ich es mir wünsche, und oft nicht in der Weise, die ich erhofft hatte. Aber doch irgendwie verblüffend zuverlässig.

Ich sage von mir: Dass mein Leben über weite Strecken hin gelungen und nicht gescheitert ist, liegt wesentlich daran, dass mir immer wieder Menschen in den Weg geschickt wurden, die mich überraschend und ganz unverdient beschenkt, mir Chancen gegeben, mir Neues beigebracht oder mich heilsam beraten haben. Nach meiner Überzeugung ist das mehr als Zufall. Ich sehe darin Gottes Wirken. - - - Inzwischen verlasse ich mich darauf, dass Gott gute Absichten und Ideen für mich und mein Umfeld hat und mir zur rechten Zeit die richtigen Menschen in den Weg schicken wird, egal wo ich bin. - - -

Wir denken von Gott meistens viel zu klein. Wir denken, dass er auch nur das sieht und weiß, was wir sehen und wissen, und dass er deshalb das für uns tun müsste, was wir für gute Lösungen oder für alternativlos halten. Wir vergessen oft, dass Gott unendlich viel mehr sieht und weiß als wir und deshalb mit Lösungen aufwarten kann, die uns im Traum nicht eingefallen wären. - - -

Wer Gott im eigenen Leben findet, kann auch andere Menschen auf Gottes Nähe zu ihnen aufmerksam machen. - - Vor etlichen Jahren unterhielt ich mich mit einem Mann, der sich geradezu empört darüber äußerte, dass manche Leute noch an einen Gott glauben. Voller Bitterkeit erzählte er, wie er ausgenutzt und ungerecht behandelt wird, schon sein ganzes Leben lang, und dass er immer das Opfer ist. Vom Tag seiner Geburt an sei das schon so. Und dann fing er an zu weinen. Ich hab ihn behutsam gefragt, ob seine Mutter bei seiner Geburt gestorben sei. Nach einigem Zögern äußerte er, dass seine Mutter ihn nicht gewollt und nach der Geburt in eine Mülltonne gelegt hat, und er sie nie kennenlernen konnte. - - - Im aller ersten Moment | dachte ich: O wie schrecklich, schlimmer geht's ja kaum. Wie kann Gott nur so was - usw. ! Aber nach einem Moment der Überlegung habe ich ihm gesagt: "Dass Ihre Mutter Sie in die Mülltonne geworfen hat, ist schrecklich und furchtbar. Aber dass wir uns heute unterhalten können, liegt daran, dass Sie nicht wie manches andere Baby darinnen geblieben und gestorben sind. Ihnen hat der liebe Gott rechtzeitig jemanden geschickt, der Sie da rausgeholt und gerettet hat. Es gab also doch schon an Ihrem ersten Tag jemanden, der sie als Mensch gesehen hat und dem Sie wichtig waren." - Der Mann war verblüfft. Diese Sichtweise gefiel ihm. Er kam dann noch einige Male, und wir sprachen immer wieder über traurige Erfahrungen aus seinem Leben. An etlichen Punkten seiner Geschichte konnte ich ihn aufmerksam machen auf Momente, in denen etwas von Gottes Liebe und Entgegenkommen aufleuchtet. Er sagte mir, dass er drauf und dran sei, ein gläubiger Mensch zu werden und selber zu schauen, wo ihm etwas gut getan hat. Irgendwie hatte er Gott gefunden. - - -

Möglicherweise fallen Ihnen beim Nachdenken Erfahrungen ein, von denen Sie sagen: "Das war einfach nur destruktiv und erschreckend, da gab es keine Wendung zum Guten, und mir ist auch keine vorstellbar." - Liebe Gemeinde: genau darüber spricht unser Text: Wenn du meinst, alles ist völlig hoffnungslos, gerade dann suche Gott. Die Ersten, zu denen das mit den Versen unseres Predigttextes geredet wurde, befanden sich in extrem hoffnungslosen Lage. Sie waren als Zwangs-arbeiter 2000 Km weit weg von ihrer Heimat Jerusalem nach Babylon verschleppt worden. Sie waren deprimiert, sie waren hoffnungslos - und schrecklich wütend auf alle Babylonier. Diese Zwangsarbeiter bekamen in einem Brief aus ihrer Heimat jene Worte von Gottes ausschließlich guten Absichten mit ihnen gesagt. Außerdem stand dabei, dass Gott sie bzw. ihre Kinder und Enkel auf jeden Fall ins heimatliche Jerusalem zurückführen würde. Sie sollten doch aber mal 70 Jahre Geduld haben. - - - Naja, um so größer war die Freude und Überraschung, als sie schon nach 40 Jahren heim durften.

Die Zusage von Gottes ausnahmslos guten Absichten können wir jeder auf uns selber beziehen. Sie erging aber ursprünglich an eine Gemeinde: die jüdische Gemeinde in Babylon. Und so können wir sie auch auf uns als Paulus-Gemeinde beziehen. Wir können Gott suchen und finden in allen positiven Entwicklungen unserer Gemeinde, in jedem Gemeindefest, in der guten Besitz- und Versorgungslage unserer Gemeinde, und natürlich in allem, was andere bei uns und von uns Gutes erleben und bekommen . - -

Wenn wir über Ziele und Entwicklungen in unserer Gemeinde nachdenken und reden, dann lassen sie uns dabei gewiss sein: Gott hat nur gute Absichten mit uns. Er will für uns Frieden, Wohlergehen, Ganzheit, gelingendes Leben. Deshalb dürfen wir voller Zuversicht sein, und voller Vertrauen hinsichtlich der Wege, die er uns in nächster Zeit führen wird. Amen.